Einer der größten Skandale in der Geschichte
der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA wird wohl harte Konsequenzen
nach sich ziehen. Nach der gewalttätigsten Massenschlägerei im US-Sport in der
Endphase des Spiels zwischen Champion Detroit Pistons und den Indiana Pacers
wollen die NBA-Verantwortlichen durchgreifen und möglicherweise sogar neue
Rekordstrafen verhängen. "Die Ereignisse von Detroit waren schockierend,
unverzeihlich und beschämend für unsere Liga. Wir werden eine genaue
Untersuchung durchführen und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen," sagte
NBA-Commissioner David Stern.
Vier Spieler vorerst suspendiert
In einer ersten Reaktion suspendierte die Liga Ron Artest, Jermaine O´Neal,
Stephen Jackson (alle Indiana Pacers) sowie Ben Wallace (Detroit Pistons) bis
auf weiteres vom Spielbetrieb. Nach Ansicht der NBA waren diese Spieler
vornehmlich dafür verantwortlich, dass die Begegnung zwischen Detroit und
Indiana am Freitagabend beim Stand von 97:82 für die Pacers mit einer
fünfminütigen Massenschlägerei endete und daraufhin abgebrochen wurde.
Die Nascar-Stars fuhren ihr letztes Rennen des Jahres, die National Football
League eröffnete die zweite Hälfte der regulären Saison, doch von New York bis
Los Angeles gab es am Wochenende nur ein Thema: Das "hässlichste Gemetzel in der
Geschichte des amerikanischen Sports" (ESPN). Einmal mehr mittendrin: "Bad Boy"
Ron Artest, der in den letzten beiden Spielzeiten insgesamt achtmal von Liga und
Verein gesperrt wurde. Grund genug für die Öffentlichkeit, in einer Umfrage
Rekordstrafen für Artest und Co. zu fordern.
Der Hobby-Rapper, dessen Album in diesen Tagen auf den Markt kommt, hatte das
unsäglichste Kapitel der NBA-Geschichte aufgeschlagen, als er Wallace 45,9
Sekunden vor der Schlusssirene unter dem Korb foulte und dieser sich mit einem
harten Schubser revanchierte. Binnen Sekunden stürmten sämtliche Spieler auf das
Feld und lieferten sich eine wilde Massenkeilerei, die zunächst weder von den
beiden Coaches noch von der Polizei beendet werden konnte. "Ich habe nicht
angefangen und vertraue darauf, dass die Liga die wahren Schuldigen findet",
sagte Wallace einen Tag später scheinheilig, Artest verweigerte in Erwartung
einer polizeilichen Anzeige vorsichtshalber jeglichen Kommentar.
Spielern drohen Zivilklagen
Dafür sprachen andere. "Wir werden alle Fakten zusammentragen, die
Fernsehbilder auswerten und gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft entscheiden, ob
es Anklagen gibt", erklärte der Vizechef des Polizeibezirks Auburn Hills, Jim
Mynsberge. Eine strafrechtliche Konsequenz könnte sich lange hinauszögern, so
Chefankläger David Gorcyca: "Wahrscheinlich werden wir Wochen brauchen, um das
ganze Fiasko zu analysieren." Artest, O´Neal und Jackson drohen zudem
Zivilanklagen, weil sie sich handgreiflich mit einigen Fans anlegten. Von den
neun Verletzten der Keilerei mussten zwei im Krankenhaus behandelt werden.
Bei der Suche nach dem Strafmaß betritt die NBA Neuland. Die bisher längste
ausgesprochene Sperre war ein Jahr für Latrell Sprewell, der allerdings "nur"
seinem damaligen Coach P.J. Carlesimo an den Kragen gegangen war und nach 68
Spielen begnadigt wurde. 1977 erhielt Kermit Washington (Los Angeles Lakers) 60
Tage Spielverbot, weil er seinem Kontrahenten Rudy Tomjanovich mit einem Schlag
ins Gesicht das Kinn zertrümmert hatte.
Selbst "Enfant Terrible" Dennis Rodman wirkt gegen die neue Generation der
Übeltäter wie ein Messdiener, seine elf Spiele Sperre für einen Tritt gegen
einen Kameramann dürften im Vergleich zum erwarteten Strafmaß für "The Battle of
Detroit" drastisch abfallen. Die NBA wird im übrigen angesichts des empörten
Aufschreis der Öffentlichkeit nicht auf die Untersuchungsergebnisse der Polizei
warten. Mit einer Verkündung der Strafen wird bereits in der Nacht zum Montag
gerechnet.